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MEGA Bildungsmillion

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  2. Screening der Projekte bis 15. Mai 2024
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  5. Online Voting TOP 6 Ende Juni
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Schule

Rasender Stillstand

Ein Plädoyer für eine neue Datenkultur in Schulen und einen Blick über den Tellerrand.

Andreas Ambros-Lechner | Generalsekretär MEGA Bildungsstiftung

Auf meinem Nachtkasten liegt seit zwei Jahren ein Buchrücken mit der Überschrift „Jedes Kind ist einzigartig“. Es ist ein Erziehungsbestseller des Schweizers Remo Largo. Gleich darunter liegt das Buch „Weltklasse“ von PISA Initiator Andreas Schleicher. Er hat vor mehr als 20 Jahren Österreich in den PISA Schock versetzt. Es wurde bekannt, dass die österreichischen Lese- und Mathematikleistungen im internationalen Vergleich nur mittelmäßig sind und die Leistungsschere zwischen Arbeiter- und Akademikerkinder bei uns besonders groß ist.

Österreich leistet sich das zweitteuerste Schulsystem Europas. Die Ergebnisse bei internationalen Erhebungen wie der Lesestudie PIRLS oder aktuell PISA sind seit Jahren durchschnittlich. Nicht schlecht genug, dass Eltern für Schulreformen auf die Barrikaden gehen, nicht gut genug für Jubelpressemeldungen vom Ministerbüro am Minoritenplatz. Unabhängig von den Ergebnissen wird eine echte Ergebnisdebatte mit Kritik an der Erhebungsmethodik im Keim erstickt, eine Datenvergleichbarkeit häufig grundsätzlich in Abrede gestellt. Jede Schule hat eine einzigartige Schüler_innenzusammensetzung und könne daher nicht verglichen werden, heißt es etwa. Oder Brennpunktschulen würden dadurch nur noch mehr stigmatisiert.

In Österreichs Bildung sind Daten und ihre Darbietung schambehaftete Tabuthemen. Schulleitungen müssen bei vielen Erhebungen teilnehmen, oftmals ohne sichtbaren Nutzen und konkretem Feedback. Pädagog_innen und Schüler_innen fürchten mehr negative Konsequenzen einer Testung als eine individuelle Standortbestimmung inklusive Entwicklungsmöglichkeiten. Der Schule, der Verwaltung und der Bildungspolitik geht es ähnlich.

Die österreichische Bildungspolitik ist im rasenden Stillstand. Zwischen ideologischem Stellungskrieg Gesamtschule ja oder nein, anekdotischer Evidenz eigener Schulerfahrungen – ähnlich den 9 Millionen Teamchefs im Fußball – und zahlreicher Reformvorhaben wie etwa dem Schulautonomie- oder Pädagogikpaket, die nur langsam in der Praxis greifen. Zwei zentrale Ursachen für das europäische Mittelmaß der österreichischen Bildung sind eine fehlende Daten- und Lernkultur im System und die fehlende öffentliche Debatte wie Schule in Österreich zukünftig aussehen soll. Eine Ambition, um an die europäische Spitze zu kommen oder gar in der Weltklasse mitzuspielen.

An die europäische Spitze der modernsten Bildungssysteme. Das wäre was. Lehrer_innen, die wie in Singapur mit ihren Kolleg_innen ihren Unterricht regelmäßig hinterfragen, hospitieren und challengen. Schuldirektor_innen, die nationale und internationale Best-Practice Schulen studieren. Bildungspolitiker_innen aller Couleur, die mit Wissenschaftler_innen und Praktiker_innen regelmäßig eine Woche lang in einen Intensivdialog treten. Schulverwalter_innen, die neue OECD Steuerungsansätze zu Happiness & Wellbeing in Schulen mit Vorreiter Indonesien analysieren. Regierungschefs, wie Tony Blair und David Cameron mit der London Challenge in Großbritannien, die Bildung über Legislaturperioden hinweg zur Chefsache machen. Das wäre was.

Jedes Kind ist einzigartig. Jede Schule ist einzigartig. Jedes Bildungssystem ist einzigartig. Um die vielen einzigartigen Talente der Kinder bestmöglich in die Entfaltung zu bringen, brauchen wir flächendeckend sehr gute Schulen und ausgezeichnete Bedingungen für Pädagog_innen, um die Besten für den Job zu begeistern und zu halten. Dafür benötigen wir eine breite Diskussion, woran wir sehr gute Schulen und Schulsysteme festmachen wollen. Und eine ehrliche Bestandsaufnahme des Status Quo. Akademische Schüler_innenleistungen in den Basiskompetenzen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaft werden ein Kriterium sein. Eine Balanced Scorecard für Schulen, wie zuletzt von AMS-Chef Johannes Kopf vorgeschlagen, mit mehreren Kennzahlen, wo beispielsweise die weitere Bildungs- und Erwerbslaufbahn abgebildet werden, ein weiteres. Oder der OECD Happy Life Index für Schüler_innen, der Faktoren wie Wellbeing, Beziehungsqualität, Engagement in der Gesellschaft und akademische Leistungen kombiniert.

Österreich kann Weltklasse. Es ist Zeit sich auf den Weg zu machen, die Fenster weit zu öffnen, und mutig den Bildungsleitstern zu positionieren.

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